Gastvortrag: Nadine Marquardt (Bonn)

"Armut und Strafe. Kritische Perspektiven auf den Zusammenhang von Verschuldung und Freiheitsentzug"

Termin: 31.1.2019, 15.30-17.00

Ort: HS 103 (Theologische Fakultät, Universitätsplatz 1)

Veranstalter: Zentrum für Ethik und Armutsforschung und AG Sozialgeographie.

Abstract: Armut ist nicht strafbar. Ein Blick in deutsche Justizvollzugsanstalten zeigt gleichwohl schnell, dass Menschen aus einkommensarmen Schichten in Gefängnissen überrepräsentiert sind. Zwischen der staatlichen Strafvollzugspraxis und der sozialen wie ökonomischen Lage der Gefangenen besteht offenbar ein Zusammenhang. Ein Großteil der Studien, die diesen Zusammenhang in den Blick nehmen und die Relationen zwischen Armut, sozialer Benachteiligung und Kriminalisierung nachzeichnen, kommt gegenwärtig aus dem US-amerikanischen Kontext. Im Zentrum dieser Studien steht nicht nur die Frage, was gesellschaftlich kriminalisiert und staatlich sanktioniert wird, sondern vor allem auch, wer hierbei aus welchen Gründen Zielscheibe und Objekt eines sozial voraussetzungsreichen und hochselektiven Prozesses der Kriminalisierung wird. Der Vortrag greift Erkenntnisse der kritischen Gefängnisforschung auf und geht dem Zusammenhang von Armut und Haft im deutschen Kontext nach. Dabei fokussiert er insbesondere auf das Phänomen der sogenannten Ersatzfreiheitsstrafe. Die Ersatzfreiheitsstrafe, die bei nicht bezahlten Geldstrafen verhängt wird, ist Ausdruck einer gesellschaftlichen Verkettungsdynamik von Schuld und Schulden, die sich in den letzten Jahren massiv verschärft hat. Der Vortrag diskutiert am Beispiel der Ersatzfreiheitsstrafe sowohl die strafverschärfende Wirkung von Armut, als auch die armutsverschärfende Wirkung der Haft.

Zur Person: Nadine Marquardt ist Professorin für Sozialgeographie am Geographischen Institut der Universität Bonn. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Sozialgeographie und Stadtforschung; Exklusion, soziale Ungleichheit, urbane Marginalität; Gouvernementalität, urbane Bio- und Technopolitik; Poststrukturalistische und kritische Theorien sowie Feministische Geographie.

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