Fotowettbewerb

Fotowettbewerb

Im Rahmen der Exkursion Skandnavien im Herbst 2013 fand ein Fotowettbewerb unter den teilnehmenden Studierenden statt. Das Ziel war es, vordefinierte Themen von sozialgeographischem Interesse auf einem Foto bzw. einer Collage von Fotos abzubilden und die betrachteten Phänomene mit kurzen Statements zu erläutern.

Bilder

GewinnerInnen

Urban Art & Symbolische Raumaneignung

Philipp Reifenauer
Dieses Bild zeigt einen Teil einer ehemaligen Industrieanlage in Helsinki. Was hier auf dem ersten Blick nach einem verlassenen und mit Graffitis verschmutzen Trümmerfeld aussieht, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als ein willentlich geschaffener Raum für „urban artists“. So sieht man auf dem Bild bereitgestellte Spraydosen und Container zu deren Entsorgung. Neben der Freiheit zur künstlerischen Betätigung stehen die Graffitis jedoch auch für eine symbolische Raumaneignung. Das ehemalige Industriegelände, welches sich vermutlich in städtischem oder privatem Besitz befindet, wird so als Raum für eine spezifisch urbane Jugendkultur kenntlich gemacht.

Wohnen

Elisabeth Höfler & Lydia Rammerstorfer
 

Im Bereich Wohnen zeigt sich Schweden äußerst innovativ. Vor allem die Nutzbarmachung ehemals funktional anderweitig genutzten Raumes spielt eine wichtige Rolle bei der Schaffung von Wohnraum in Schweden. So werden beispielsweise keine Mühen gescheut, um ehemalige Industrie- oder Hafengebiete so lange zu säubern und aufzuwerten, bis diese in bewohnbare Fläche umgewandelt werden können. Dennoch wird der geschichtliche Charakter beibehalten und so auch charakteristische, vorhandene physische Raumstrukturen berücksichtigt und nutzbar gemacht. Das Hausboot stellt beispielsweise so ein sozial differenziertes, spezifisches Wohm(raum)bild dar. Wohnen stellt außerdem eine Daseinsgrundfunktion dar, und ist räumlich verortbar. Durch diese Verortbarkeit lassen sich daher auch Aussagen über die soziale Zugehörigkeit, soziale Segregation sowie Zugehörigkeit zu bestimmten Stadtteilen oder Siedlungen treffen. Es kann also eine räumliche Identität geschaffen werden. Betrachtet man die Stadtentwicklung in Stockholm, so wird durch die neuen Wohngebiete vor allem darauf abgezielt, Raum für die „obere Mittelschicht“ und die „oberste Schicht“ der Gesellschaft zu schaffen; kostspielige Designes, hervorragende Anbindung an den öffentlichen Verkehr und die unmittelbare Nähe zu gefragten Freizeitangeboten stehen über der Leistbarkeit der Mietpreise. Aus diesem Trend des „Schaffens von Wohnraum für Reiche“ lässt sich ein Fortschreiten der Segregation und somit eine Entwicklung ableiten, die zu einer immer deutlicher werdenden Schere zwischen Arm und Reich – angedeutet in dem Bild der Wohnungslosen mitten im Stadtgebiet von Helsinki– führt. Die in Anbetracht des durchschnittlichen Einkommens und der Lebenskosten sehr hohen Mietpreise in den teuren Vierteln verstärken die soziale Disparität, die ihren räumlichen Niederschlag in der Bezeichnung bestimmter, preislich erschwinglicherer Gegenden als „Arbeiterviertel“ findet, noch weiter.

Mobilität

Magdalena Behensky & Elisabeth Nagl
Das Foto zum Thema Mobilität zeigt den Verkehrsknotenpunkt Slussen, der gleichzeitig auch eine Schleuse ist, die den See Mälaren vom Meer trennt. Wir haben uns für dieses Bild entschieden, da hier gleich mehrere Arten von Mobilität sichtbar werden: der private Verkehr, der Öffentliche Verkehr (mit Bus und U-Bahn) und der Wasserverkehr. Durch die Art der Aufnahme, nämlich der längeren Belichtung, bekommt das Bild eine gewisse Dynamik, so dass ein Eindruck von Schnelllebigkeit vermittelt wird. Auch das passt zum Thema Mobilität, da für eine dynamische Stadtentwicklung ein bestimmtes Niveau an Mobilität zur Verfügung stehen muss. 

Weitere ausgewählte Arbeiten

Bilder

Beiträge

Grenzen Philipp Reifenauer 
  Eine Grenze ist immer eine Trennlinie zwischen zwei verschiedenen Bereichen, seien es administrative Einheiten, Kulturkreise oder Naturräume. Dieses Bild des Stadtteils Sörnäinen in Helsinki zeigt eine klar ersichtliche Grenze, in diesem Fall zwischen zwei Flächen mit sehr unterschiedlichen Nutzungsarten. Während im linken Teil des Bildes mehrstöckige Wohnbauten in bekannter Siedlungsform dominieren, sieht man auf der rechten Seite ein großes Kraftwerk mit einem dazugehörigen Kohlelager. Getrennt werden die beiden Gebiete nur von einem schmalen Meeresarm, der nicht nur die Flächen an sich trennt, sondern eben auch als Grenze für die grundverschiedenen Nutzungsarten fungiert. 
Stadtökologie & Klimawandel Regina Fröhlich & Tobias Brandstätter
  In Schweden wird viel umstrukturiert. An erster Stelle stehen die fehlenden Wohnungen, die aufgrund der starken Einwanderungswelle in hohem Maße benötigt werden. Als moderne Hauptstadt setzt sich Stockholm das Ziel, neue Gebäude auf möglichst hohem ökologischem Standard zu bauen. So werden zum Beispiel ganze Wohnareale neu entworfen. Solche Siedlungen werden bevorzugt etwas außerhalb des Zentrums gebaut, um den zukünftigen Bewohnern ein Leben "wie im Grünen" zu ermöglichen. Trotz der etwas außerhalb befindlichen Lage wird hoher Wert auf eine möglichst gute Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz gelegt. Solche Wohnanlagen sind also häufig in Grünstreifen eingegliedert, oder mit viel Vegetation versehen. Dabei wird hauptsächlich auf heimische Pflanzen gesetzt. Im Garten zwischen den Häusern wächst nun eben nicht ein teurer japanischer Rosenbusch, sondern Pflanzen, die auch in der Umgebung natürlich vorkommen, gut wachsen und somit auch die Ökologie vor Ort stärken. Doch die Vegetation wird nicht nur zur Verschönerung und zum Beitrag des Wohlfühlens für die Bewohner eingesetzt. Mit dem zeitgemäßen ökologischen Baustil kommen auch bepflanzte Dächer und Wände in Verwendung. Mit der Dachbegrünung wird nicht nur die Dämmung des Hauses unterstützt. Die Vegetation am Dach und an Wänden kann viel Wasser aufnehmen und bei starken Niederschlägen einen zu schnellen Abfluss und somit eine Überlastung der Abwassersysteme verhindern.  
Öffentliche Raumnutzungen Selina Bege
  Beispielhaft für eine kreative, unterhaltsame Nutzung des öffentlichen Raums kann dieses Foto herangezogen werden. Zu sehen ist eine südamerikanische Musikgruppe, welche am Hafen Stockholms in der sonnigen Kühle tranditionelle Musik spielen, zu welcher eine leicht bekleidete, auf diesen Fotos nicht zu sehende Tänzerin die heißblütigen Rythmen ihrer Heimat mit realistischer Glaubwürdigkeit verkörpert. Bemerkenswert war in dieser Szenerie, dass die Straßenmusiker nicht am Boden mit wenigen Instrumenten ihre musikalischen Ergüsse zum Besten gaben, sondern hier viel mehr eine kleine Show vollführten. Das korrekte und gepflegte Auftreten der Künstler hatte eine ebenso inszinierte wie belustigende Wirkung auf die Zuschauer aus dem deutschsprachigem Raum. Jedoch ist anhand dieser Bilder festzuhalten, dass die wenigen Straßenkünstler dem Stadtbild Stockholms mehr als gerecht wurden und vielleicht auch gerecht werden mussten: sauber und gepflegt, optisch reizvoll und wohlhabend. 
Versorgen Elisabeth Höfler & Lydia Rammerstorfer
  Das Bild zeigt einen am Gelände eines ehemaligen Zugbahnhofes angelegten Urban Garden. Die dort kultivierten Kürbisse, Tomaten oder Gurken decken zwar nicht den Haushaltsbedarf, zeigen aber die Vielfalt des Begriffes „sich versorgen“, indem sie zwei der Grunddaseinsfunktionen miteinander verbinden: so können sich Teilnehmer einerseits mit 2 frischem, saisonalen und regionalen Gemüse versorgen, andererseits durch die gedanklich im UrbanGardening-Konzept angelegte gemeinschaftliche Kultivierung soziale Eingebundenheit erleben. Aber nicht nur mit neuen Möglichkeiten der Versorgung, sondern auch im Bereich der ENTsorgung zeigen sich die Skandinavier kreativ. Das Bild des Vakuum- Müllentsorgungssystems des Projektes „Royal Seaport“ seht dabei symbolisch für den Innovationsgeist der Skandinavier und die Ambition, selbst Abfall in verwertbare Formen überzuführen. In diesem Fall dient die beim Verbrennen des von den Bewohnern in die jeweilige Box geworfenen Mülls gewonnene Oxidationshitze zum Heizen der Wohnbereiche. Dies lässt einen Kreislauf von Ver- und Entsorgung entstehen, der nicht nur umweltfreundlich, sondern auch platz- und ressourcensparend ist und die Bewohner zum Nachdenken über ihr Wegwerfverhalten anregt. Auch die Installation von auffälligen Mülleimern in einigen Buslinien, die zum Nachdenken über Nachhaltigkeit und Konsum anregen sollen, unterstreichen dies.  
Urban Art & Symbolische Raumaneignung Magdalena Behensky & Elisabeth Nagl
  Sowohl in Helsinki als auch in Stockholm waren „Spuren“ von symbolischer Raumaneignung an den verschiedensten Orten und auf verschiedene Arten zu finden. Auf den von uns gewählten Fotos ist eine Art sichtbar: Graffiti. Ob es sich dabei tatsächlich um Kunst handelt ist allerdings eine strittige Angelegenheit. Dass damit eine Form von Raumaneignung stattfindet ist dagegen relativ klar. Mit Graffiti soll häufig gegen gesellschaftliche Normen protestiert werden. Um damit Aufmerksamkeit zu erregen sind die Orte, an denen Graffiti zu finden sind häufig ausgefallen, wie beispielsweise auch auf dem Bild von Stockholm, wo sich auf einem Brückenpfeiler, der im Wasser steht Graffiti befinden. Ein anderes Beispiel ist auf dem Bild aus Helsinki sichtbar, wo sehr viele Graffitis in einem von der Stadt ungenutztem Gebiet zu finden sind, und sich eine entsprechende Gruppe von Jugendlichen auch zur Freizeitgestaltung mit einer Skateanlage „angeeignet“ hat. 
Geschlechterrollen Elisabeth Höfler & Lydia Rammerstorfer
  Das linke Bild zeigt eine Gruppe von Kindern (vermutlich Kindergartenkinder) in Stockholm, die von männlichen Kindergärtnern betreut wird. Das Beispiel illustriert deutlich einen Beruf, oder eine Verhaltensweise, die allgemein in der Gesellschaft eher als „männeruntypisch“ bezeichnet werden würde. In diesem Fall hat also ein Rollentausch stattgefunden. So ein Rollentausch ist allerdings nicht immer unbedingt einfach, da dieser in der Gesellschaft zu Ablehnung führen kann. Solang eine Gesellschaft an solchen Stereotypen festhält, muss die rollentauschende Person selbstbewusst und überzeugt von der „anderen“ Rolle sein. Ganz allgemein wurde aber der Eindruck erweckt, dass in Skandinavien der Grad an Toleranz bezüglich getauschter Rollen sehr hoch ist. Nicht zuletzt repräsentieren die zahlreich vorgefundenen „Unisex“ Toiletten eine Gleichstellung der Geschlechter. 
Gesellschaftliche Veränderungen, Lebensstile & Milieus Tatjana Markl
  Dieser Imbiss-Stand steht in Vällingby, einem Vorort im Nordwesten Stockholms. Die Palette der angebotenen Speisen reicht von Gyros über Hamburger zu Würstchen und als Nachspeise ein Eis. Ihre jeweiligen Ursprünge haben sie in verschiedenen Ländern, man könnte also den Imbiss-Stand als einen Knotenpunkt der globalisierten Welt verstehen. Die Gemeinsamkeit der Speisen liegt in der Geschwindigkeit ihrer Zubereitung, gemeinhin sind sie als „Fast Food“ bekannt. Da sich das Häuschen an einem dörflich angerichteten Vorplatz zwischen dem Einkaufszentrum und der U-Bahn-Station befindet, kann man davon ausgehen, dass die KundInnenschaft „im Vorbeigehen“ ihre Ware bestellt. Viele PendlerInnen kommen am Abend zurück nach Hause in ihre Schlafstadt, es bietet sich also an, das Abendessen schon fertig zu kaufen, anstatt selbst noch kochen zu müssen. 
Infrastrukturelle Veränderungen Franz Bischof, Stefanie Gaisbauer, Robert Hemetsberger & Michaela Riedelsperger
  Auf dem ersten Bild zu infrastrukturelle Veränderungen sieht man die restliche Mauer des alten Bahnhofs von Helsinki, welche man aus symbolischen Gründen noch erhalten hat. Die alten Schienennetze, die vom Bahnhof zum ehemaligen Hafen von Jätkäsaari führten, wurden entfernt und wie man am nächsten Bild erkennen kann zu einem Radweg umfunktioniert. 
Informelles Besetzen von Stadträumen Tatjana Markl
  Vor dem Kiasma, dem Museum of Contemporary Art, in Helsinki wird ein Fahnenmast von den das Museum verlassenden BesucherInnen mit ihren Eintritts-Stickern geschmückt. Dass der Museumsvorplatz ohnehin schon ein „intellektueller Raum“ ist, ist unbestritten, aber mit dieser vielleicht völlig unbewussten Handlung tragen die BesucherInnen ihr eben erlerntes Wissen symbolisch in den öffentlichen Raum. 
Räumliche Beziehungen und Netzwerke Christian Reisinger
  Veränderungen im Stadtbild werden auch an der Peripherie deutlich. Kongresszentren und große Hotels sind immer mehr im direkten Umfeld von Flughäfen zu finden. Während früher internationale Treffen meist in den Stadtzentren stattfanden, findet derzeit eher ein Trend in Richtung Ausbau des Flughafen Umfelds statt. Teilnehmer müssen so zum Beispiel nicht mehr lange Wege in die Zentren aufnehmen. Das Bild zeigt das World Trade Center Helsinkis direkt gegenüber von Terminal 2. 
Geschlechterrollen Franz Bischof, Stefanie Gaisbauer, Robert Hemetsberger & Michaela Riedelsperger
  Wir haben uns für diese beiden Bilder entschieden, da hier die Geschlechterpolitik Schwedens gut veranschaulicht wird. Schweden setzt die Gleichstellung der Geschlechter im europäischen Raum besonders gut um. So findet man in diesem Land viele Frauen in „Männerberufe“ und umgekehrt. Vor allem der Beruf des Kindergärtners wir hier häufig auch von Männern ausgeübt. Des Weiteren war es für uns überraschend, Frauen auch bei der Wachablöse vor dem königlichen Schloss zu sehen. Dies zeigt, dass es in Schweden keine typischen Frauen- und Männerrollen mehr gibt.  
 Soziale Bewegungen im öffentlichen Raum  Tatjana Markl
  Dieses Mahnmal steht in Helsinki an einem Spazierweg entlang der Bahnstrecke Richtung Norden. Es sind die Namen derjenigen Abgeordneten des Parlaments aufgelistet, die in der Sitzung am 1.7.2010 für Atomkraft stimmten. Die Gedenktafel wurde vermutlich von GegnerInnen dieser aufgestellt und ist eigentlich nicht mehr als eine sehr direkte Schuldzuweisung. Dennoch wird durch sie den Menschen bewusst gemacht, aufgrund welcher politischen und sozialen Handlungen ihre Lebensrealitäten geschaffen werden. Gerade in einer parlamentarischen Demokratie wird deutlich, dass an einer einzigen Abstimmungen womöglich lebensbedrohliche Entscheidungen hängen. Geschehen solche Akte hinter verschlossener Tür oder sind sie nach ein paar Tagen oder Wochen wieder vergessen, müssen sie in die Öffentlichkeit getragen werden und dürfen – wie die Intention dieses Mahnmals wahrscheinlich auch war – nie vergessen werden. 

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